50 Jahre Herten-Westerholt Zeitzeuge erinnert an den „Krieg der Schilder“ und das Veto des Grafen

Redakteur
Das Ortseingangsschild von Westerholt
In großer Schrift: Westerholt ist auf dem Ortseingangsschild deutlich zu lesen. Das war nicht immer so. © Jonas Alder
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Wenn sich jemand mit Westerholt auskennt, dann dürfte das Clemens Spiekermann sein: Das Leben seiner Familie in Westerholt kann er bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgen, er hat ein Buch über die Geschichte des Stadtteils geschrieben. Und dieser Tage ist es ihm wichtig, auf einen ganz besonderen Termin hinzuweisen: die Unterzeichnung des „Ehe“-Vertrags zwischen Herten und Westerholt am 26. März vor genau 50 Jahren.

Es sei zwar die einzige freiwillige Städte-Ehe im Ruhrgebiet in dieser Zeit gewesen, sagt Clemens Spiekermann, doch zwischen Westerholtern und Hertenern habe es gerade in der ersten Zeit des Zusammenschlusses dann durchaus Reibereien gegeben – zum Beispiel wegen der Ortseingangsschilder: „Irgendjemand ist auf die Idee gekommen, die alten Ortseingangsschilder in Westerholt zu ersetzen“, erzählt Clemens Spiekermann. „Darauf stand dann nicht mehr Westerholt, sondern in großen Buchstaben ,Herten‘ und darunter ,Stadtteil Westerholt‘.“ Der Westerholter erinnert sich noch gut an das feuerrote Gesicht seines Vaters Johannes, als der davon hörte. „Obwohl die Westerholter alles versuchten, um die Schilder zu ändern, zeigte sich die Hertener Stadtverwaltung störrisch.“

Der zweite Anlass für Streit ergab sich im Vorfeld des Schützenfestes der Westerholter: Graf Egon von Westerholt hatte davon erfahren, dass der Hertener Bürgermeister und Mitglieder der Stadtverwaltung am Schützenball teilnehmen wollten. „Graf Egon richtete dann förmlich aus, dass er sein Amt als Protektor der Schützengilde niederlegen und nie wieder einen Schützenball betreten würde, wenn die Hertener Verwaltung am Schützenfest teilnimmt.“

Westerholter Wissen auf zwei Beinen: Clemens Spiekermann hat ein Buch über die lange Geschichte von Westerholt geschrieben.
Westerholter Wissen auf zwei Beinen: Clemens Spiekermann hat ein Buch über die lange Geschichte von Westerholt geschrieben. © Jonas Alder

Westerholter ändern Ortsschilder

Die Worte des Grafen waren nicht ohne Wirkung: Noch vor dem Schützenfest ließ die Stadt die Ortsschilder in Westerholt wieder ändern. Westerholt hatte den „Krieg der Schilder“ nach dem Machtwort des Grafen gewonnen. „Auf den neuen Schildern stand nun in großen Buchstaben ,Westerholt‘ und darunter ,Stadt Herten‘“, sagt Clemens Spiekermann. Jemand kam dann noch auf die Idee, aus ,Stadt Herten‘ die Worte ,Statt Herten‘ zu machen. „Wir sind eben Westerholter“, sagt Clemens Spiekermann.

Der Schilder-Streit ereignete sich kurz nachdem der Vertrag zwischen Westerholt und Herten in Kraft trat: Das war am 1. Januar 1975.

Ähnlich wie später für den Tag der deutschen Einheit nicht das Datum des Mauerfalls, sondern das Datum der Vertragsunterzeichnung gewählt wurde, gibt es so auch in Herten und Westerholt zwei Termine, an denen sich der Zusammenschluss feiern ließe. Die Hertener Stadtverwaltung tendiert zum späteren Termin fürs Jubiläum, also erst in zwei Jahren. Was stattfindet, ist noch offen, doch: Gefeiert werden soll die Städte-Ehe auf jeden Fall, heißt es im Rathaus. Vielleicht ja mit neuen Ortseingangsschildern…?

Das Buch von Clemens Spiekermann ist im Heimatverein Westerholt erhältlich (Do von 10-12 Uhr, Schlossstraße 34).