Thomas Schulz aus Oer-Erkenschwick hat seinen „Nordstern“ erreicht

Redakteur Ostvest
Das neue Arbeitsbuch "Schritt für Schritt zum Nordstern" von Thomas Schulz ist erschienen. Gleichzeitig hat der Oer-Erkenschwick auch die erste Ausgabe des Lean-Magazins herausgebracht. © Jörg Gutzeit
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Thomas Schulz ist in Oer-Erkenschwick ein bekannter Mann. Der heute 56-Jährige hat auf dem Bergwerk Haard den Beruf des Energieanlagenelektronikers erlernt, war bei den Jungsozialisten aktiv und ist begeisterter Tennisspieler. Bereits unmittelbar nach seiner Ausbildung bildete er sich weiter, studierte und war und ist schließlich weltweit als Berater international operierender Konzerne tätig. Sein Spezial-Gebiet: Lean-Production (engl.: schlanke Produktion mit ständiger Verbesserung). Seit 26 Jahren widmet er sich diesem Thema. Und seit zwölf Jahren hat er an einem Arbeitsbuch zu diesem Thema gearbeitet. Jetzt ist es erschienen und sorgt in der Fachwelt grenzübergreifend für Aufsehen.

„Ich muss gestehen, dass ich einen inneren Drang habe, Arbeiten und Abläufe so einfach wie möglich zu gestalten, um eben Prozesse zu verbessern“, erklärt Thomas Schulz während der Buchvorstellung in seinem Büro. „Dabei grübel ich über notwendige Prozessschritte bei einer Produktion. Dann probiere ich neue Wege aus, lerne aus Fehlschlägen und probiere sie wieder aus. So komme ich oftmals in kleinen Schritten einer Prozessoptimierung immer näher“, führt Schulz weiter aus.

Aufgeben ist für Thomas Schulz aus Oer-Erkenschwick keine Option

Schon seit seiner Jugend ist für Thomas Schulz Aufgeben keine Option. Flankiert wird sein Drang zu methodischer Verbesserung noch von einem schier unendlichen Geduldsfaden. „Aber gleichzeitig hasse ich es, auf irgendetwas warten zu müssen“, lächelt Schulz. „Und genau dieses Spannungsfeld treibt mich an.“

1996 in der Betriebswirt-Abendschule hörte Thomas Schulz erstmals von dem Themenbereich Lean-Production und Kaizen. „Ich war von vorneherein infiziert und begann, Bücher, Filme und Fachartikel zu studieren. Henry Fords „Mein Leben und Werk“ sowie „Das Toyota-Produktionssystem“ von Taiichi Ohno sind die Werke, die mich in meiner persönlichen Lean-Theorie und Philosophie am meisten beeinflusst haben“, erzählt Thomas Schulz.

Soweit die – mittlerweile sogar preisgekrönte – Theorie, doch wie sieht die Praxis aus? „Grundsätzlich geht es um die Optimierung von Arbeitsprozessen. Damit meine ich alle Tätigkeitsbereiche. Zum Beispiele einfache, wie das Streichen von Holzbrettern bis hin zur komplizierten Fertigung von Automobilen“, erklärt Thomas Schulz. „Konkret beginnt die Arbeit mit der Analyse des Arbeitsprozesses und der Aufteilung desselben in einzelne Arbeitsschritte. Und dann wird jeder einzelne Arbeitsschritt dahingehend hinterfragt, ob er wertschöpfend ist oder nicht. Dabei blicken wir dann von der Ist-Situation zum idealen Prozessweg, eben zum Nordstern, den wir erreichen wollen.“

Mitarbeiter sind dem Autor aus Oer-Erkenschwick besonders wichtig

Und Thomas Schulz ist bei seinem Tun eins ganz besonders wichtig: „Bei allem Verbesserungsdenken und den daraus abzuleitenden Handlungen steht der Mitarbeiter des Betriebes im Mittelpunkt. Ziel der Arbeit ist es, dass der Mitarbeiter eines Unternehmens durch Anleitung in die Lage versetzt wird, Arbeitsprozesse selbst zu analysieren und schließlich zu verbessern. So soll eine möglichst verschwendungsfreie und somit kosteneffiziente Produktion erreicht werden“, erläutert Schulz.

Dass es sich bei diesem Thema nicht nur um blanke Theorie handelt, sondern um Fachwissen, das konkrete Erfolge mit sich bringt, hat Thomas Schulz bereits in einigen namhaften Unternehmen bewiesen. „Von mir ausgebildete Trainees haben mit meinem Master-Konzept und der von mir entwickelten Produktionsvolumenmatrix-Methodik mehrfach äußerst erfolgreich gearbeitet. So entwickelte sich Schritt für Schritt ein Praxis-Leitfaden. Die Trainees arbeiteten schließlich auch nach ihrer Ausbildung durch mich mit diesem Konzept weiter. Und heute, mehr als 15 Jahre später, ist diese Matrix eine bewährte Standard-Analysemethode bei Mercedes und vielen anderen Unternehmen“, berichtet Thomas Schulz.

Von Oer-Erkenschwick zu Mercedes nach Spanien

Mercedes war eine der wichtigsten beruflichen Stationen von Thomas Schulz. Während seiner Zeit auf dem Bergwerk Haard (später: Blumenthal/Haard) wurde er in das achtköpfige Kaizen-Team berufen. Schon damals ging es um Prozess-Optimierungen. Das Team wurde von einer Beratungsfirma begleitet, die Thomas Schulz als Dozenten für einen Workshop in der Automobil-Industrie abwarb – eben bei Mercedes. „Dieser Workshop war ein voller Erfolg“, erzählt Schulz. Ergebnis: 1999 arbeitete er nur noch zur Hälfte auf dem Bergwerk und zu 50 Prozent als selbständiger Berater.

Es folgten eine Reihe von Aufträgen in den Rohbau-Karosseriewerken von Mercedes, in der Lebensmittelindustrie und schließlich bei der Produktion von Straßenbahnen der Firma Siemens. „Dabei habe ich viele weitere wertvolle Lernerfahrungen sammeln können“, erinnert sich Schulz. 2002 wechselt er schließlich ganz zur konzerninternen Lean-Beratungsfirma der Daimler-Benz AG.

Nach Einsätzen in Rastatt und im spanischen Vitoria absolvierte Schulz schließlich ein nebenberufliches Master-Studium mit dem Schwerpunkt Lean-Production in Ludwigshafen, Stuttgart, Michigan (USA) und Bangkok (Thailand). Sich anschließende erfolgreiche Projekte wieder in Rastatt und Vitoria brachten Schulz einen Einsatz im Mercedes-Werk Tuscaloosa in Alabama/USA. Im Februar 2006 folgte die in Englisch verfasste Studien-Abschlussarbeit und eine neue Aufgabe als Lean-Expertentrainer bei Mercedes-Benz.

Thomas Schulz führt in Sachen effizienter Produktion auch Seminare mit Führungskräften verschiedenster Unternehmen durch. © Jörg Gutzeit © Jörg Gutzeit

Thomas Schulz aus Oer-Erkenschwick lehrt auch in Südafrika

Es folgten Projekte in der Montage und im Rohbau im Osten Londons und Südafrika sowie weitere Verwendungen. Im März 2008 verließ Thomas Schulz den Daimler-Konzern und machte sich zusammen mit Helge Hanslik als Lean-Berater selbstständig. Mercedes Benz gehörte weiterhin zu den treuen Kunden. „Wir haben in der Folgezeit mehrere namhafte Unternehmen in Deutschland und in der Schweiz bei der Einführung von Produktionssystemen unterstützt und dabei interne Lean-Experten ausgebildet“, sagt Thomas Schulz. Diese Unternehmen zählen noch heute zu den Auftraggebern.

2011 dann die nächste Entwicklungsstufe: Zusammen mit Hanslik und den neuen Partnern Ralph Winkler und Bernd Mittelhuber gründet Thomas Schulz die Beratungsfirma „Lean Partners Projekt Gesellschaft“. 2018 und 2020 wurde dieses Unternehmen als „Top Consultant“ ausgezeichnet.

„Wenn ich auf mein Berufsleben zurückblicke, stelle ich fest, dass ich als junger Mensch damals gerne einen praktischen Leitfaden in Sachen schlanker und effizienter Produktion zur Verfügung gehabt hätte. Aus diesem Grund habe ich an dem Arbeitsbuch geschrieben, das nun erworben werden kann“, erläutert Schulz.

Marc Augustin aus Oer-Erkenschwick fungiert als Verleger

Verlegt wird das Praxis-Werk vom Oer-Erkenschwicker Marc Augustin. Zu beziehen ist das Buch online über die Homepage von Thomas Schulz.

Das nun vorliegende Arbeitsbuch mit seinen 304 Seiten ist viel mehr als „nur“ Lesestoff. Das Workbook aktiviert den Nutzer als Junior-Lean-Berater. Er muss 79 Aufgaben lösen und ein Umsetzungskonzept für die fiktive Classic AG erstellen. Dabei werden die Lösungen der Nutzer entweder mit Bleistift und Textmarker im Buch oder mit einem Datenstick digital am PC mit den Lösungen eines Profis direkt verglichen. Begleitend und ergänzend bietet Thomas Schulz auch Intensiv-Seminare an.

Doppelter Geschäftsführer

  • Thomas Schulz ist 56 Jahre alt, verheiratet, Vater von zwei Kindern und dreifacher Opa.
  • Nach dem Realschulabschluss absolvierte er eine Ausbildung zum Energieanlagen-Elektroniker auf dem heute nicht mehr existierenden Bergwerk Haard.
  • Heute ist er Geschäftsführer der Lean Partner Projekt Gesellschaft und der Thomas Schulz Solar GmbH